Ein außergewöhnlich informativer und unterhaltsamer Abend zum Thema „Wildkatzen in der Hörre“ fand letzte Woche im DGH Kölschhausen statt. Eingeladen hatten die Vogel- und Naturschutzfreunde Kölschhausen, der Naturschutzring Ehringshausen (NRE) und der Naturfotograf und NRE-Vorsitzende Helmut Weller. Dieser konnte rund 80 Besucher im gut gefüllten Saal des DGH willkommen heißen.

Nach der Begrüßung hatte zunächst die BUND-Koordinatorin für Wildkatzenschutzprojekte Susanne Steib vom BUND Hessen aus Frankfurt das Wort, um einiges zu dem aktuellen BUND-Bundesprojekt „Wildkatzenwälder von morgen“ zu berichten. Der BUND versucht mit verschiedenen Kooperationspartnern in den nächsten sechs Jahren für den Lebensraum der Wildkatze verbessernde Maßnahmen in unseren Wäldern anzustoßen, zu fördern bzw. Förderungen zu managen und umzusetzen. Die zu mehr Naturnähe führenden Projekte dienen nicht nur der Wildkatze, sondern auch anderen Arten im Wald und in Waldrandnähe.

Ein Projektpartner in unserer Region ist das Forstamt Wetzlar (FA), das in dem relativ großen Waldgebiet „Die Hörre“ bei Herborn bereits mit Maßnahmen, wie dem Anlegen von „Wildkatzenburgen“ oder artenreichen Waldrand-Gehölzpflanzungen begonnen hat. Darüber berichteten der FA-Leiter Stefan Ambraß und der für Naturschutzmaßnahmen zuständige Mitarbeiter Johannes Volkmar. Ein weiterer Projektpartner ist der Naturpark Lahn-Dill-Bergland e.V., der durch die Geschäftsführerin Marion Klein vertreten wurde. Diese richtete Grußworte an die Besucher des Wildkatzenabends. Auch gekommen waren die Mitarbeiterin der UNI Gießen Teresa Nava, die hauptsächlich für das Telemetrieprojekt der UNI in der Hörre von 2020 bis 2022 verantwortlich zeichnete, der Vertreter des RP Gießen, Sebastian Weller und der Ge-schäftsführer der Landschaftspflegevereinigung Lahn-Dill e.V., Günter Schwab. Auch diese Institutionen leisten ihren Beitrag bei der Umsetzung des Großprojekts „Wildkatzenwälder von morgen“. Gefördert wird das Gesamtprojekt über das Bund-Förderprogramm „Biologische Vielfalt“ durch das Bundesamt für Naturschutz, mit Mitteln des zuständigen Bundesministeriums.

Nach dem ersten, rein informellen Teil des Abends folgte ein spannender und unterhaltsamer Vortrag, in Form einer Multivisionsschau, von Helmut Weller, mit dem Titel „Auf leisen Pfoten durch die Hörre – Wilde Katzen und wilder Wald“. Weller beschäftigt sich intensiv seit 2018 mit der faszinierenden Tierart „Wildkatze“. Er war beteiligt an dem Wildkatzenmonitoring für den Naturpark Lahn-Dill-Bergland 2018 und Hauptorganisator des Monitorings 2019 des NRE, das dieser mit mehreren Kindern, Jugendlichen und Eltern seiner Nachwuchsgruppe „Die Wiesel“ durchführen konnte. Dabei hat sich eine nicht erwartete Zahl von verschiedenen Wildkatzenindividuen für die Hörre ergeben.

Aufgrund des tollen Ergebnisses 2019 wurde die UNI Gießen auf das Projektgebiet aufmerksam und hat ab 2020 das Besenderungsprojekt mit dem Titel „Raumnutzungsverhalten der Wildkatze im Waldgebiet der Hörre“ durchgeführt. Es konnten 18 Wildkatzen gefangen und besendert werden. Über mehr als eineinhalb Jahre wurden Signale von 15 Katzen empfangen. Die Ortungen und andere Beobachtungen haben zu einem besonders interessanten Ergebnis geführt. So konnte zum Beispiel festgestellt werden, dass die Wildkatzen größere Straßen meiden und viel lieber weniger befahrene Verkehrswege überqueren, auch zur Wanderung nutzen, wo es nicht selten zu tödlichen Unfällen kommt.

Auch lassen sich mit den Ortungen Hinweise finden, welche Waldgebiete die Waldkatzen bevorzugt in der Hörre aufsuchen. Hier können gezielt Verbesserungsmaßnahmen der Lebensräume im Wald ansetzen. Über all dies handelte der etwa einstündige Vortrag, einige Male unterbrochen durch unkommentierte und musikalisch hinterlegte Sequenzen stimmungsvoller Bilder von Waldlandschaften und Bewohnern der Wälder. Weller ging auch auf die teils desolaten Waldzustände heute, verursacht durch die Folgen des Klimawandels/ der zunehmenden Dürreereignisse und steigenden Temperaturen in den letzten Jahren, ein. Er appellierte an alle mitzumachen, um den für den menschengemachten Klimawandel verantwortlichen Treibhausgas-Ausstoß zu reduzieren, auch wenn dies angesichts der weltweiten Entwicklungen schon fast aussichtslos erscheint. Eine Aussage in Wellers Kommentierung lautete: „Wie sollen Wildkatzenwälder von morgen entwickelt werden, wenn die Grundsubstanz verloren geht?“ Seiner Meinung nach wird die Wildkatze zunächst sogar von den lokal schon erkennbaren Veränderungen, dem Absterben und Zusammenbrechen von Waldgebieten profitieren.

Am Ende von Wellers Vortrag gab es auch naturfotografische Hinweise, nämlich dazu, wie die teils spektakulären Bilder entstanden sind, nämlich viele mit Kamerafallen, allerdings nicht mit handelsüblichen Wildbeobachtungskameras, sondern mit in Kunststoffboxen eingebauten professionellen Spiegelreflexkameras.

Wer den Vortrag verpasst hat, wird voraussichtlich im nächsten Jahr an einigen Orten im Kreis noch Gelegenheit haben ihn zu sehen. Weller liegen schon einige Anfragen diesbezüglich vor.